✨ Alles ist – und nichts ist

Stell dir vor, es gäbe keine Kategorien wie richtig und falsch, gut und schlecht, wichtig und unwichtig. Alles, was existiert, wäre einfach nur das, was es ist – frei von Bewertungen, frei von Bedeutung. Diese Vorstellung klingt vielleicht abstrakt, doch sie eröffnet einen Zugang zu einer tieferen Wahrheit: In der Essenz gibt es keine Gegensätze, keine Trennung. Alles ist eins, und in diesem Einssein ist auch nichts beständig. Alles ist – und gleichzeitig nichts ist.

Unsere alltägliche Wahrnehmung beruht auf Dualitäten. Wir sehen Licht und Schatten, Erfolg und Misserfolg, Leben und Tod. Doch diese Gegensätze sind Konstrukte des Geistes. Sie entstehen, weil unser Denken auf Vergleich basiert: Ein Objekt erscheint nur groß, weil wir es mit etwas Kleinerem vergleichen. Eine Erfahrung wirkt schlecht, weil wir sie mit einer vermeintlich besseren vergleichen. Doch was bleibt, wenn diese Vergleiche wegfallen? Was bleibt, wenn wir die Dinge nicht mehr in Kategorien pressen?

In der nondualen Perspektive zeigt sich, dass alles, was wir wahrnehmen, Erscheinungen in einem ungeteilten Bewusstsein sind. Dieses Bewusstsein ist nicht getrennt von den Erscheinungen, aber auch nicht durch sie begrenzt. Es ist das, was alles trägt, ohne selbst eine Form anzunehmen. Deshalb ist es sowohl alles – weil es alles umfasst – als auch nichts – weil es keine feste Substanz hat.

Ein einfaches Beispiel: Stell dir vor, du betrachtest eine Welle im Meer. Die Welle scheint für sich zu existieren, mit einer klaren Form und Bewegung. Doch in Wahrheit ist sie nichts anderes als das Meer selbst, nur in einer vorübergehenden Erscheinung. Sobald die Welle vergeht, bleibt das Meer, unberührt von der Veränderung. Ebenso ist es mit allem, was wir erleben. Gedanken, Gefühle, Erlebnisse erscheinen und verschwinden, doch das Bewusstsein, das sie wahrnimmt, bleibt unverändert.

Diese Einsicht kann im Alltag eine große Erleichterung bringen. Oft klammern wir uns an bestimmte Vorstellungen oder Ergebnisse, weil wir glauben, dass sie uns definieren. Doch wenn wir erkennen, dass alles, was entsteht, auch wieder vergeht, können wir diese Anhaftungen loslassen. Es ist wie ein tiefes Ausatmen, das uns in den natürlichen Fluss des Lebens zurückführt.

Auch die Wissenschaft gibt uns Hinweise auf diese Wahrheit. In der Quantenphysik zeigt sich, dass Materie auf subatomarer Ebene keine feste Substanz hat. Teilchen existieren nur als Wahrscheinlichkeiten, bis sie durch Bewusstsein „beobachtet“ werden. Diese Erkenntnis spiegelt die nonduale Sicht wider, dass die Welt keine festen Gegensätze hat, sondern ein fließender Tanz von Möglichkeiten ist.

Um diese Einheit im Alltag zu erfahren, hilft es, die eigenen Bewertungen bewusst zu hinterfragen. Wenn ein Gedanke wie „Das sollte anders sein“ auftaucht, frage dich: „Ist das wirklich wahr? Oder ist das nur eine Geschichte, die mein Geist erzählt?“ Oft zeigt sich, dass unsere Wahrnehmung von richtig und falsch nur auf gedanklichen Konstrukten beruht, die wir loslassen können.

Eine weitere Praxis besteht darin, die Stille hinter den Gedanken zu spüren. Schließe die Augen und richte deine Aufmerksamkeit auf den Raum, in dem deine Gedanken erscheinen. Dieser Raum ist nicht leer, sondern voller Lebendigkeit – das Bewusstsein, das alles trägt. In diesem Raum gibt es keine Gegensätze, keine Bewertungen, keine Trennung. Alles ist einfach das, was es ist.

Die Erkenntnis, dass alles ist – und gleichzeitig nichts ist –, führt uns in eine tiefere Gelassenheit. Sie zeigt uns, dass wir nicht die Dramen, Erfolge oder Herausforderungen unseres Lebens sind, sondern das Bewusstsein, in dem all das geschieht. Diese Perspektive befreit uns von der Illusion der Gegensätze und öffnet uns für die unendliche Weite des Seins.

Alles Liebe,
Vanessa

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